Jerusalem + Betlehem

Jerusalem + Betlehem

Noch immer ist es ein komisches Gefühl, diese beiden Städtenamen Jerusalem und Betlehem zu nutzen. Einen Teil meines Lebens waren dies fiktive Städte, bekannt aus der Bibel, dem Religionsunterricht oder durch Glaubensträger. Dadurch entsteht ein imaginäres Bild, eine Vorstellung dieser Orte. Zumindest mal im Kopf. Und dann holt einen die Realität ein.

Jerusalem

Jerusalem ist nun die Hauptstadt von Israel. Wir kommen mit dem Bus an. Gemäß des christlichen Glaubens ist Jesus hier gekreuzigt worden. Davon zunächst keine Spur. Moderne Busse bringen uns zu einem modernen Busbahnhof. Schon von Weitem sehen wir die ausufernde Stadt. Per Gesetz darf hier nur eine Art Stein verbaut werden, was die Stadt grundlegend sehr ansehnlich macht. Mit der schieren Größe der Stadt hatte ich aber so nicht gerechnet.

Neue Gebäude entstehen, im Hintergrund geht es weiter

Totale auf die Stadt

Blick auf einen Stadteil von der Old City aus

Die Bilder geben einen kleinen Einblick darüber, was für ein Monster von Stadt hier mittlerweile entstanden ist.

Zunächst einmal ein bisschen über die Stadt: Jerusalem liegt ein wenig höher, in bergigem Land,  als beispielsweise Tel-Aviv. Das hat den charmanten Nebeneffekt, dass das Wetter hier spürbar angenehmer ist. Ein Wind weht und es ist erträglich. Es gibt viel zu sehen, lokale Märkte und Supermärkte sind an jeder Ecke vorhanden. Eine sehr schöne Innenstadt lebt und vibriert die ganze Zeit. Überall Menschen und Schausteller. Der Duft landestypischer Gewürze liegt in der Luft.

Gewürzhändler

Von weitem vernehmen wir sanfte Klänge, die beim Schlendern durch die Stadt immer lauter werden.

Musiker auf der Straße

Große Busse und Taxen pressen sich durch die vollen Straßen. Dazwischen quetschen sich Fahrräder, E-Bikes und E-Roller zwischen den Verkehr. Irgendwo hupt es alle paar Sekunden. Schon eine minimale Verzögerung beim Umspringen einer grünen Ampel führt zu einem Hupkonzert. An jedem Imbissstand duftet frische Falafel.

Old City

Die Old City ist wohl die zentrale Sehenswürdigkeit von Jerusalem. Hier kommen mehrere Weltreligionen zusammen. Es ist das sogenannte “Holy Land”, das heilige Land. Sowohl das Judentum, als auch die Christen, als auch die Muslime haben hier ihren religiösen Ursprung oder zumindest signifikante Ereignisse in der Entstehung der jeweiligen Glaubensrichtung. Es ist wie ein großer Melting-Pot. Alles kommt zusammen. Jeder beansprucht “sein” Gebiet. Daher ist die Old City auch öfter im Rampenlicht wenn dort Anschläge verübt werden. Ich versuche das mal ein bisschen aufzudröseln.

Es gibt insgesamte vier Quartiere in der Old City von Jerusalem: Christen, Muslime, Juden und Armenier. Das muslimische Viertel ist flächenmäßig das größte. Hier ist auch am meisten los. Hier steht die Al-Aksa Moschee, die man immer mal wieder in den Medien aufschnappt. Direkt daneben ist die berühmte Klagemauer. Die Klagemauer sind die Überreste des ehemaligen Tempels, der an dieser Stelle stand und eine zentrale Rolle im jüdischen Glauben darstellt. Der Tempel war immens groß und wurde mehrmals zerstört.

Links ist der Tempelberg mit dem Felsendom (die goldene Kuppel). Rechts im Bild ist die Klagemauer, also der ursprüngliche jüdische Tempel, zu sehen. Weiter rechts kommt die Al-Aksa Moschee (hier nicht zu sehen)

Viel los im muslimischen Viertel

Die Klagemauer etwas näher

Die Klagemauer in voller Größe

Interessante Steinkunst über dieser Tür

An das muslimische Viertel grenzend ist auch das christliche Viertel. Hier laufen wir entlang der “Via Dolorosa”, den Weg des Schmerzes. Dieser Weg ist so benannt, da Jesus hier mit seinem Kreuz entlang ging, auf seinem letzten Weg vor der Kreuzigung.

Das christliche Viertel

Ein Teil der Via Dolorosa

Jesus ist am Ende an einer Kirche (Church of the Holy Sepulchre) angekommen. Diese Kirche ist von außen eher unscheinbar und steht ziemlich zwischen mehreren Häusern eingekeilt. Von innen ist sie aber einer der schönsten Kirchen überhaupt. Auch befindet sich hier der Ort, an dem sich das Grab von Jesus befindet. Es ist leer, denn Jesus ist wieder auferstanden.

Church of the Holy Sepulchre von außen

Schlange vor dem Eingang zu Jesus’ Grab

Kirche von innen

Weitere Einblicke in die Kirche

Verwinkelte Gassen im jüdischen Viertel

Etwas außerhalb der Stadt befindet sich der Raum des letzten Abendmahls

Über die Old City gibt es sehr viel zu erzählen. Viele Geschichten. Viel Religiosität. Und viele Konflikte. Wir sind hier auf israelischem Staatsgebiet und es patrouillieren israelische Streitkräfte durch die gesamte Old City, die darauf aufpassen sollen, dass hier nichts passiert. Kein leichter Job. Überall sind größere Schusswaffen. Kleine Kinder haben ihre Vorbilder hier schon gefunden.

Spielende Kinder in der Old City

Das ist schon ein wenig makaber. Da alle Israelis mindestens zwei Jahre dem Militär dienen müssen, tragen viele von ihnen auch Waffen, auf die sie immer, 24h am Tag, aufpassen müssen. Auch in Freizeitkleidung.

Echte Waffen beim Freizeit-Ausflug am Wochenende

Nicht zu vergessen, an den Grenzen herrscht Krieg. Und in der Old City eine angespannte, schwierige Situation mit vielen Völkern und Religionen, die alle einen Anspruch auf das Land erheben.

Doch nun erstmal genug zur Old City, die Situation wird noch schwieriger, als wir uns auf den Weg nach Betlehem machen.

Betlehem

Betlehem grenzt geographisch direkt an Jerusalem. Theoretisch kann man zu Fuß von einer Stadt in die andere gehen. Praktisch haben wir das auch gemacht. Dabei verlässt man aber israelisches Staatsgebiet.

Grenzposten zwischen Jerusalem und Betlehem

Betlehem liegt im Westjordanland, welches von den Palästinensern bewohnt wird. Zu den Palästinensern gehören auch die Hamas, die in ihren extremen Ansichten für viele Konflikte und auch den Raketen aus dem Gaza-Streifen verantwortlich sind. Jetzt wird es richtig pervers. Die Grenze zwischen Jerusalem und Betlehem ist durch eine Mauer gesichert. Nicht nur eine Mauer, sondern ein riesiger Betonklotz (Vorbild für die von Trump geplante Mauer).

Beton überall

Auf palästinensischer Seite sind viele Plakate aufgebracht. Die Mauer trägt hier die Bezeichnung “Wall Museum”, da die Plakate die Situation darstellen sollen. Die Palästinenser fühlen sich wie in einem Gefängnis eingesperrt. Ihnen wird verboten, ihr ursprüngliches Land zu bestellen (welches nun auf israelisches Seite liegt) oder ihre Verwandte zu besuchen, die ganz nah, aber doch so unerreichbar weit weg wohnen

Mit Humor: “Wall Street”

Überall Mauer

Wachposten in der Mauer

Street Art

“Make Hummus Not Walls”

Die Mauer und die Situation erzeugen einen leichten Schock. Vieles davon ist gar nicht so richtig bekannt oder präsent. Medien sparen auf Wunsch der Israelis viel davon aus. Als wir die Grenze überqueren trifft man viele palästinensischen Taxifahrer, die auf recht grobe Art und Weise versuchen einen in das Taxi zu bekommen. Nachdem wir mehrmals ablehnen und weiter gehen, hören wir noch ein aggressives “Fuck It”. Das passt ganz gut in die eher aufgeheizte Stimmung hier. Je weiter wir uns aber von der Mauer entfernen und in die eigentliche Stadt Betlehem vordringen, desto mehr stellen wir fest, dass die Menschen hier sehr freundlich sind. Wir essen eine Falafel und schlendern durch die schöne Altstadt. Und wir besichtigen die Church of Nativity. Den Geburtsort von Jesus Christ.

Church of Nativity von außen..

..und von innen

Schon wieder ist es irgendwie seltsam. Wir sind in Israel (gewesen), dann im Westjordanland bei den Palästinensern. Palästinenser haben einen muslimischen Glauben. Und hier finden wir dann die Geburtsstätte von Jesus Christ, ein zentraler Ort für den christlichen Glauben. An dieser Stelle soll die Krippe gestanden haben, an der Maria und Josef ihr Kind bekommen haben.

Nach der Besichtigung dieser Kirche machen wir uns auch wieder auf den Heimweg. Wir müssen wieder durch die Grenzkontrolle, unser Pass wird geprüft. Kurz danach sind wir wieder im Zentrum von Jerusalem. Ein Ausflug, der zum Nachdenken anregt..

Dead Sea

Nicht unweit von Jerusalem gibt es das Tote Meer. Hier machen wir auch einen Ausflug und nach einer längeren Busfahrt erreichen wir den riesigen See.

Ausschnitt des toten Meers

Das tote Meer heißt so, da es dermaßen salzig ist, dass hier kein Tier oder Lebewesen überlebt. Tatsächlich ist der Salzgehalt krass. Schon ein kleiner Tropfen in der Nähe der Geschmacksnerven lässt einen zusammen sacken. Man möchte am liebsten alles wegspucken. Die Augen brennen. Auf der Haut bildet sich ein öliger Schleier, der sich zum Glück aber auch wieder gut abwaschen lässt. Und natürlich: Der Körper schwebt im Wasser, man geht nicht unter.

Floating in the dead see

In der Nähe des toten Meers befindet sich mit unter 400m auch die tiefste Stelle mit Land.

Um mit dem Beitrag zum Abschluss noch ein bisschen zum Denken anzuregen, hier noch ein paar unkommentierte Eindrücke aus dem heiligen Land. Wir machen uns dann auf den Weg in den Norden nach Haifa.

6 Gedanken zu „Jerusalem + Betlehem

    1. Uns geht es gut. Wie du im neuen Beitrag sehen kannst, ist die Reiselust nun erschöpft und wir sind wohlbehalten wieder in Deutschland angekommen 🙂 Ich hoffe, wir sehen uns bald! Wir wollen auch unbedingt die neuen Mitglieder kennen lernen! ;-))) LG

    1. Das kann ich sehr gut nachvollziehen und ich bin sehr froh, dass wir den Abstecher gemacht haben. Israel ist, vor allem im geschichtlichen und religiösen Kontext, sehr interessant. Und es öffnet einem ganz neue Denk-Perspektiven, die ich nicht mehr missen möchte. Vielen Dank auch für das Interesse an unserer Reise 🙂 LG

  1. War genau vor 20 Jahren dort. Bis auf die Mauer hat sich in Jerusalem und Betlehem nix verändert. Habt Ihr auch die Silbersterne in der Grab- und Geburtskirche gesehen? Hoffe Ihr kommt bald wohlbehalten zurück nach Deutschland. Viele Grüße und noch eine aufregende Zeit.

    1. Wow, wie muss es wohl vor 20 Jahren gewesen sein. Mit dem aktuellen Kontrast aus Moderne, Historie und Religion war ich schon total hin und weg. Die Mauer bringt noch einmal einen weiteren Aspekt der Situation mit dazu..
      Die Silbersterne haben wir tatsächlich nicht gesehen, da es eine Veranstaltung gab und man genau zu diesem Zeitpunkt nicht reingehen konnte. Trotzdem haben wir tolle Eindrücke gewinnen können. Danke für die Wünsche und ich hoffe, wir sehen uns bald! LG

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