Tijuana

Grenzübergang USA – Mexiko
In Mexiko hat sich unser Reisen verändert. Zum ersten Mal fühlen wir uns tatsächlich nicht mehr richtig sicher und in der Konsequenz auch nicht mehr wohl. Es gibt auch gute Seiten, dazu später mehr. Wenn man sich mit dem Land beschäftigt, Artikel liest und sich informiert, wird einem schon etwas komisch. Wir haben uns hier ständig umgedreht und umgeschaut. Alles geprüft. Viele Ort ausgelassen, weil sie zu weit weg von den Touristengebieten liegen und damit zu unsicher werden. Wir fühlen uns ein wenig wie in einem Käfig, da wir nicht frei entscheiden können, wo wir hingehen. Da vermisst man schon wieder ein wenig Asien. Dort haben wir uns nie so gefühlt und hatten immer Spaß daran, auch die weniger betretenen Pfade zu nehmen. Aber so ist hier nun Mal. Es gibt in Tijuana eine große Hauptstraße wo alles abgeht. Alle 10 Meter steht ein Polizei-Wagen. Es patrouillieren ständig Polizeibeamten mit großkalibrigen Schusswaffen. Da wird einem schon mulmig. Die Mexikaner gucken uns komisch an, sprechen uns manchmal auch komisch an. Wir verstehen nichts, denn wir sprechen kein Spanisch. So oder so ist es aber sehr unangenehm, wenn man – egal wo man hinkommt – sofort angestarrt wird. Das Starren fühlt sich dabei so als würden die Leute darüber nachdenken, wie man uns reiche Gringos um unsere Wertsachen erleichtern kann. Wirklich ein sehr unschönes Gefühl. Entsprechend haben wir Tijuana nur am Tag erkundet und wir sind in einem relativ kleinen Radius geblieben.

Straßen-Grenzübergang USA-Mexiko (most busiest in the world)

Tijuana Main street (eins der wenigen Fotos ohne Blaulicht)

Tacos
Der Markt
Tagsüber laufen wir einen Markt ab. Es läuft mexikanische Musik, die Leute sind gut drauf und tanzen vor sich hin. Der Markt ist wirklich super. Es gibt allerlei frische Zutaten, Gemüse und Obst. Alles günstig. Eine riesige Auswahl und sehr schön anzusehen. Mittlerweile trauen wir uns auch wieder, ab und zu kurz das Handy raus zu holen um ein Foto zu machen 😉
Markt in Tijuana

Ebenfalls am Markt: Pinatas
Die Stadt
Es ist immer laut. Auch nachts. Sirenen und Feuerwehr tönen von überall. Action gibt es gefühlt überall. Menschen liegen regungslos mit zerfetzter Kleidung auf dem Boden. Unweigerlich fragt man sich, ob die noch leben. Verwirrte Menschen laufen umher, unterhalten sich mit nicht-existenten Geistern, gestikulieren wild. Das Ergebnis jahrelangen Drogenkonsums. Vor Pick-Ups sollen wir uns hüten, das könnten die Drogenkartelle sein. Auf der Straße laufen komische Leute, viele Tattoos, Goldketten. Ziemlich sicher ziehen die relativ schnell ein Messer und machen kurzen Prozess, wenn man irgendwas falsch macht. Eher weniger ein Ort zum Wohlfühlen. Motorräder fahren über rot. Auch wenn die Polizei direkt daneben steht. Überhaupt hat die Polizei hier wohl nicht mehr alles im Griff. Sie gilt als korrupt und verbündet sich teilweise mit den Banden. Wirklich viel kriegen wir von alledem nicht mit, vor allem aufgrund der Sprachbarriere.
Aber: Auch muss ich erwähnen, dass einzelne Mexikaner unglaublich freundlich zu uns sind. Meistens dann, wenn wir gesagt haben, dass wir nicht aus den USA sind, sondern von Germany kommen. Beim Geldwechseln hat der Typ aufgerundet und uns noch Süßigkeiten gegeben. Er war sehr freundlich. Grundlegend sind die Menschen auch sehr hilfsbereit und nett. Es gibt halt nur auch viele weniger nette dazwischen..
Rafael
Rafael ist mein Highlight in Tijuana. Wir sind planlos durch eine Einkaufspassage gegangen und haben uns unterhalten. Da saß ein Typ vor einem Cafe/Bücherei. Er schreckte auf einmal hoch und guckte uns erschrocken an. Unsere Blicke trafen sich und ich zögerte kurz. Dann sprach er uns an. Ich glaube, dass es auf Englisch war, aber auf jeden Fall war er sehr stolz darauf, auch ein paar Wörter auf Deutsch zu können. Er sitzt hier jeden Tag, schaut Youtube videos, macht Duolingo und lernt Deutsch. Sein großes Ziel ist es, irgendwann mal nach Deutschland zu kommen. Er ist sehr intellektuell und gebildet. Und ein Zeuge Jehovas. Wir unterhalten uns stundenlang über Religion, Evolution, Darwin. Über Mexiko. Über Drogenkartelle. Über Bücher und Geschichte. Über Einwanderer aus Haiti, die hier an der Grenze verharren, da sie nicht nach USA kommen. Voller Stolz liest er zwischendurch “der kleine Prinz” auf Deutsch von meinem Kindle und fragt immer wieder die Bedeutung einzelner Worte nach. Er sagt, er habe hier keinen Platz, denn Leute wie er werden komisch angeschaut, da sie sich für Kunst, Kultur, Geschichte, Sprachen etc. interessieren. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, jemanden wie Rafael ausgerechnet in Tijuana zu treffen. Auch er wiederholt mehrmals, dass wir aufpassen sollen und “stay safe”.

Danke Leni, dass du dieses Bild in einem unbeobachteten Moment gemacht hast :-*
Im Großen und Ganzen sind unsere Tage in Tijuana recht langweilig zu Ende gegangen. Erfreut waren wir über das Wetter, welches deutlich angenehmer war als erwartet. Wir haben die Jacke angehabt und unsere schlimme Befürchtung, dass wir hier verbrennen hat sich (noch) nicht bewahrheitet. Am letzten Abend haben wir noch einmal den tollen Himmel inklusive Mond genossen:
Ursprünglich war der Plan nun mit dem Bus weiter nach Zentralmexiko zu fahren. Auch hier wird einem wieder komisch, wenn man von den ganzen Überfällen auf solche Busse liest. Insbesondere im westlichen Teil von Mexiko, in dem wir ja nun mal sind. Also muss es doch wieder ein Flieger sein. Next location: Mexico City.
5 Gedanken zu „Tijuana“
Passt auf Euch auf ❣️
Danke:)
Wo Leute zusammen den kleinen Prinz lesen, ist noch nicht alles im Argen 🙂 schönes Ding.
Habt ihr denn konkrete Sicherheitsvorkehrungen gegenüber der bisherigen Reise eingeführt? Traveler’s Cheques z.B. ?
Liebe Grüße, Benjamin
Wie immer eine exzellente Frage;) Tatsächlich macht man sich Gedanken. Man schaut sich öfter um, ist aufmerksamer, meidet mehr. Leider macht genau das das Reisen aber auch viel unangenehmer:-( ansonsten haben wir die budgets auf den Kreditkarten gesenkt, weniger bargeld dabei gehabt und unsere Rucksäcke zusätzlich immer mit Schlössern zugemacht und irgendwo dran festgekettet. Wenn aber bspw wirklich mal der bus überfallen wird, bringt das alles eh nichts mehr.
Dann halte ich einfach die Daumen hier.