Sibirische Eindrücke
Sibirien, unendliche Weiten.. Nicht ganz, aber im internationalen Vergleich schon sehr weitläufig. Der asiatische Teil Russlands, östlich des Urals. Streng genommen sind wir schon auf dem asiatischen Kontinent. Merkt man aber nicht wirklich.
Wetter
Sieht aus wie Herbst. Ist auch kalendarisch Herbst. Die Bäume haben noch letzte Blätter, die nach und nach abfallen. Sieht schön aus, hier ein paar Bilder aus Jekaterinburg.









So schön das auch aussieht, so fühlt es sich nicht an. Es ist kalt. Sehr kalt. richtig kalt. mega kalt. Gesicht-kribbel-kalt. Aber wir sind ja gut ausgerüstet. Ich trage mittlerweile bis zu drei Hosen übereinander, viel Vlies, Schal, Mütze (Eierbirne) und co. Das geht sehr gut. Der Clou: Energie zum Heizen ist hier unglaublich günstig. Warum genau muss ich noch rausfinden, vermutlich sind die Vorkommen sehr nah. Auf jeden Fall führt das dazu, dass bei den Gebäuden die Nebenkosten quasi nicht existent sind. Heizungen werden oft ohne Thermostat verbaut und bollern immer drauf los. Man wechselt daher ständig von gefühlten -5 Grad zu gefühlten 30 Grad hin und her. Und trägt dabei dicke Klamotten. Innerhalb kürzester Zeit glüht man förmlich.. Der Zwiebellook macht’s möglich:-)
Das gilt z.b. auch für die Transsib. Draussen Minusgrade und drinnen Sauna. Hier mal ein Video mit Thermostat am Anfang.
Eine gute Möglichkeit für einen thematischen Übergang zur Transsib 🙂
Transsibirische Eisenbahn
Also das Video oben zeigt die ältere Variante eines Waggons. Keine Klimaanlage, kein Strom, uralte Toiletten, braune Fassaden. Das war die Fahrt nach Jekaterinburg, also durch den Ural. Da wollten wir mal zweite Klasse testen, deswegen auch abschließbare Abteile. Fanden wir im Nachhinein aber gar nicht cool, wir machen nur noch dritte Klasse ab jetzt. Ich versuche das mal zu beschreiben. also wir kommen in den zug, alles eng, vor allem mit dem fetten Rucksack (man kann nur vor und zurück, drehen ist nicht). finden unser abteil, gucken rein. auf unserer Bank sitzt ein russe. Wir überlegen was wir tun sollen, aber erst mal die schweren Rucksäcke runter. wir passen nicht mehr rein mit all dem kram. dann versuche ich irgendwann mit finger und Englisch darum zu bitten, dass er uns bitte den platz auf unserer bank geben soll. macht er dann auch wortlos.. wir quetschen uns rein, sind irgendwann drin. Es stinkt unangenehm nach Alkohol. Eine offene Flasche bier steht schon da. zwei Russen starren uns unfreundlich an. Lena macht die Tür zu (ich weiß nicht warum, das hat die Situation noch makaberer gemacht). totale stille. Enge. Unkomfort… Gefühlt ewig..
Dann hole ich mein Hand raus und lese vor: „Menja zovut Florian“ („Ich heiße Florian“). Und zack, das Eis war gebrochen. der eine, Alexandr, hat gar nicht mehr aufgehört zu reden. haben uns alles über Jekaterinburg erzählt und tipps gegeben. im zug geholfen etc etc. soweit es die Sprachbarriere halt zugelassen hat. beide fahren oft die route, auch der Arbeit wegen. Also alles gut:)
Nur unfassbar heiß war es in dieser Nacht, wir konnten kaum schlafen. dafür habe ich feststellen können, dass der himmel über Sibirien bei Nacht unfassbar schön und beeindruckend ist. total klar und unzählige sterne…
Trotzdem: Die neueren Züge (Danke noch mal für den Tipp aus der HR Abteilung 🙂 ) sind deutlich angenehmer, alleine wegen der Klimaanlage. Die versuchen wir weiter zu nehmen.



(Von der Größe, Kraft und dennoch sanfter Fahrweise bin ich seeehr beeindruckt!!!!)
Menschen
Vielfältig, aber überwiegend freundlich. Wirklich grundlos unfreundliche Menschen haben wir bisher gar nicht getroffen. natürlich, am Bahnhof, wenn da einer rein will, der nicht rein soll, dann teilt ihm das die dame an der Tür lautstark mit. Das ist aber auch ok so. Wir beide werden meistens sehr positiv empfangen. Die paar russischen Wörter die wir kennen setzen wir ein und das finden alle toll und grinsen uns an. Die Menschen sind auch sehr hilfsbereit.

Im Zug hat ein kleines Mädchen Lena angesprochen. Lena antwortet „Privet“ (Hallo). Danach hat die Kleine gar nicht mehr genug von Lena bekommen und die ganze zeit geredet, sie sogar gekuschelt:
(Eigentlich wollte ich unsere Ration für 22 Stunden Zugfahrt fotografieren, aber die Kleine hat sich drauf geschmuggelt ;-)) )
Dann gab es noch den Burgerladen. Wir an der Theke: „Do you speak english?“ Ein bedröppelt dreinguckender junger Kerl starrt auf dem Boden und murmelt „No“. Zum Glück besitzen wir ein Diplom in der Hände/Füße/Zeigtechnik und ordern auf diese Art und Weise Burger mit Pommes (yeah!). War ein ziemlich cooler, stylischer Laden. Es gab schwarze Handschuhe dazu, sah dann so aus:


Ein wenig wie Auftragskiller.. Naja, es geht ja eigentlich um den jungen Kerl: Als Lena dann die fertigen Burger geholt hat, hat er ihr einen Zettel zugesteckt (ich natürlich innerlich schon bereit den Urinstinkten nachzugeben, den Tisch umzuschmeissen und brüllend hinzulaufen). Darauf stand dann:
„I’m a good cook, but I can’t speak English normal. Sorry. 🙂„
Und später hat Lena dann zu ihm gesagt:
„Because it was made with love„
Herzergreifend, oder?! ;-))
..und dann war da noch die Mamuschka im Hostel in Novosibirsk. Ältere, übergewichtige und nette Dame. Wollte uns die ganze Zeit bekochen und ständig irgendwas erzählen. Sehr aufdringlich, wenn auch freundlich. Als Lena dann abends im Bad war, kam das „Vlohrriahn, cam sitt wid mi“ im gebrochenen Englisch mit russischem Akzent. Ich habe abgelehnt. Jetzt war sie motiviert und hat nicht mehr locker gelassen. „Kohm“(come). Ich weiß nicht mehr den O-Ton, aber sinngemäß sagte sie, ich soll mir keine Sorgen machen, sie will ja nichts von mir. (Da war ich ja beruhigt..). Dann: „vlohrian, hau ohld ahr uh?“. Stille. „Vlooohrian?!“.. Meine Versuche, Sie zu ignorieren scheitern. Ich lächle sie an. Sie scheint das toll zu finden.. „Twänti oan?“. Ich gucke auf mein Handy. Wie komme ich aus der Nummer raus?! Wann kommt endlich Lena?! Ich antworte so etwas wie ein Moment und schaue eilig auf mein Handy. Antwort:“Woat?!“ Dann bin ich weg gegangen. Puh. Sie grinst mich jetzt immer freundlich an. Wir haben das Hostel gewechselt.
Jekaterinburg
Da lasse ich mal wieder Bilder sprechen.
Die Jacke (verspätete Fortsetzung)
Also, die extrem unmöglich duftende Jacke. Hatte sich mittlerweile auch auf andere Klamottenstücke übertragen. Richtig fies. Die Jacke, die ich ursprünglich von Deutschland mitgenommen hatte, hatte ich weiter verschenkt, an einen armen Teufel am Wegesrande. Diese Person hatte sich sehr darüber gefreut. Also blieb mir nichts anderes übrig, als die Jacke zu tragen. Ich hatte weiter Seife und co auf die Jacke geschmiert, aber spätestens am nächsten Morgen kam der Geruch wieder durch. Lena meinte was von Essigsäure.. hatte ich aber gerade nicht zur Hand. Offensichtlich habe ich lange genug rungegrummelt (und gestänkert, haha;-))) ), bis Lena dann in Kasan einen weiteren Decathlon ausfindig gemacht hat. Wir also hin und ich konnte erfolgreich vermitteln, dass die Jacke nicht so ganz „dufte“ war. Geld zurück, katsching! Und noch besser, das Modell war ebenfalls vorrätig und tada, geruchsneutral! Ich war glücklich wie ein Honigkuchenpferd und dazu warm und wunderbar duftend mit neuer Jacke!!;-)))))
Schöne Grüße ins warme Deutschland!:-)















4 Gedanken zu „Sibirische Eindrücke“
Hahahahahaha super! Schon Wahnsinn wie Kommunikation funktioniert
Hahaha, ihr seid echt stark. Ich bewundere euch.
Super schöne Fotos und echt toll geschrieben, da ist man ja mitten drin.
Guten Abend Florian,
eine bessere Gute Nacht Geschichte kann ich mir nicht vorstellen.
Ich wünsche Euch Beiden ganz viel Spass.
Ich freue mich für Euch mit.
Ganz liebe Grüße von Deiner „Ex-Kollegin“
Sabine
Da bekommt man ja richtig Fernweh…. dein Ex-Kollege Holger